Freitag, 7. Mai 2010

Hebammenschülerinnen studieren in Osnabrück

Tatsächlich, ich bin nun auch Hebammenstudentin und beginne den hochtrabend klingenden Bachelor of science in midwifery.
Das Ganze findet ausbildungsbegleitend statt und bedeutet, dass wir pro Semester eine Woche vor Ort verbringen und eine Hausarbeit als Prüfungsleistung schreiben. Am Ende heißt es dann noch einmal 1 1/2 Jahre Vollzeitstudium, in dessen Verlauf die Bachelorarbeit verfasst werden sollte.
Wir 11 Hebammenschülerinnen unserer Schule machten uns diesen Montag auf den Weg, um das Abenteuer zu wagen, das bisher erst 1 Jahrgang vor uns begann. Alles ist also neu, auch für die Fachhochschule, die Dozentinnen (übrigens auch alle Hebammen) und organisatorisch nicht immer perfekt eingespielt. Dies allein versprach schon spannend zu werden.
Ein Großteil unserer Gruppe mietete sich für die Zeit des ersten Moduls in einem Backpacker-Hostel ein. Wir residierten dort in einem 10-Bett Zimmer mit wunderschön idyllischer Fliesenoptik und dem Charme qietschender Metallstockbetten, die wohl jedem aus der Zeit der Grundschul-Klassenfahrten bekannt sein sollten.
Auch die im Preis inbegriffenen Peeling- Duschen waren nicht zu verachten:
1 Minute duschen und schon verlässt jede noch so hartnäckige Hautschuppe ihren angestammten Platz, um sich im haarigen Ausguss niederzulassen. Versprochen, die Haut sieht danach wirklich rosig aus! Ist allerdings die Minute um, sollte man fluchtartig das nasse Terrain verlassen, bevor das zarte rosa in brennendes Rot übergeht. Pech, wer da noch seine Haare waschen will.
Alternativ stand auch noch eine andere Kabine zur Verfügung, die jedoch immer als erste besetzt war, sodass wir uns dort teilweise zu dritt tummelten. Keine falsche Scham, man ist schließlich Hebammenschülerin und kennt sich mit der Anatomie aus. Da kann man ja gleich mal die Muttermünder der anderen tasten, zu Übungszwecken versteht sich.
Naja, man könnte, wenn man wollte.

Bevor ich mich hier in Details verliere, berichte ich lieber noch ein wenig von dem Studium an sich.
70 Schülerinnen auf einem Haufen in einem Raum für höchstens 50 Personen, der erste Tag begann chaotisch. Ein hin- und her laufender Bienenschwarm versucht Tische und Stühle zu besorgen, während wir uns in einer der hinteren Reihen nieder ließen (Wieso verfällt man eigentlich so schnell in seine alten Rollen aus der Gymnasialzeit?).
Schon bei der Einführung wurde schnell klar, was uns blüht: Unsere Dozentin erzählt von sich. Sehr gerne, die ganze Zeit und immer wieder. Und so sehr man auch aus dem Erfahrungsschatz der Hebamme schöpfen kann, wollen wir doch eigentlich etwas über das wissenschaftliche Arbeiten lernen. Da war die Motivation noch hoch.
Leider verlor sie immer wieder ihren Faden und eine Geschichte ging in die nächste über, während das Skript zur Nebensache wurde (So wie ich, eigentlich wollte ich ja auch nur über das Studium schreiben *hüstel*).
Aber von ihrem Fach hat sie wirklich Ahnung und versteht es uns neben den Ausführungen einen ersten Einblick über das Studium an sich und das Interpretieren von Fachtexten zu geben.
Auch Fachenglisch und das kritische Lesen von Studien stellte sich als ein sehr interessantes Themengebiet heraus.

Ingsgesamt waren die Vorlesungen wirklich gut geplant!

Wäre da nicht die schlechte Akkustik und das latente Summen der gesprächsfreudigen Mitschülerinnen, das unweigerlich zum Abschalten führte.
Diverse Penisse wurden in die Unterlagen der Nachbarin gemalt, Zettelchen hin und her geschrieben, diejenigen mit den I-Phones gaben 1/4 stündlich die neuen Zahlen der Hebammenpetition heraus. Ach, es sind 100.000 Dinge, mit denen man sich beschäftigen kann, wenn es doch soo anstrengend ist, die Stimme der Dozentin heraus zu hören und konzentriert den Ausführungen über irgendwelche Studien zu folgen.

Die Zeit nach der FH verbrachten wir hauptsächlich mit Essen in den ungesundesten Formen und mit Schlafen. In der Jugendherberge angekommen legten wir uns zuerst hin, um ein bißchen "Bubu" zu machen, oder zu lesen. So für 3 min, bis es schwarz wird hinter den Lidern.
Wir hofften auf diese Art fit zu werden für den Geburtstag von Mitschülerin Locke. Aber nichts da, um 23 Uhr lagen wir erneut in den Betten und verschliefen den Beginn des Ehrentages in dem Versprechen das Feiern am nächsten Tage nachzuholen.
Weit gefehlt, wir alle aßen am folgenden Abend Unmengen an Tapas und Aioli, tranken den ein oder anderen Cocktail und lagen wieder um 23 Uhr im Bett.Mit schwerem Magen und vielleicht ein bißchen betrunken verfolgte keiner von uns das von Blondchen angestellte 3 Fragezeichen Hörbuch länger als 5 Minuten.
Nur Blondchen hielt tapfer durch und wartete auf den Befehl einer von uns, sie könne ausmachen, bis sie eine Stunde später verzweifelt fragte (sie hatte den Rekorder direkt neben ihrem Bett und hörte es dementsprechend laut, damit wir am anderen Ende des Raumes auch etwas hätten mitbekommen können), ob denn noch jemand wach sei.

Weiter ging es am nächsten Morgen mit den Vorlesungen über Internet-Recherche und StudIP im Computerraum (es dauerte auch hier keine 5 Minuten, da waren fast sämtliche Schülerinnen bei StudiVZ online- Woher haben Hebammenschülerinnen eigentlich ihren guten Ruf?) Dennoch erledigten wir pflichtbewusst all die uns gestellten Aufgaben und wühlten uns durch diverse Datenbanken.


Erwähnenswert ist übrigens auch Pillow-Joe (der Blondchens noch nicht bezogenes Kopfkissen klaute und so zu seinem Namen kam), welcher morgens mit offenen Augen eine 3/4 Stunde in seinem Bett lag und beobachtete, wie wir uns fertig machten. Wir vermuteten ein "Roncalli-Zelt" unter seiner Bettdecke als Ursache.
Armer Pillow-Joe, der hoffentlich nicht mitbekommen hat, worüber wir nach dem Schließen der Hostel-Tür in schallendes Gelächter ausbrachen.




Warum eigentlich dieses Studium? 120 Euro pro Semester plus die Kosten in Osnabrück.
Für einen Bachelor, der in anderen Ländern sowieso nicht uneingeschränkt anerkannt ist, da es nur 6 Semester Studienzeit sind?!
Stellen für Bachelor-Hebammen gibt es noch nicht, weil es noch keine Bachelor-Hebammen gibt. Habe ich Vorteile denen gegenüber, die schon 1 1/2 Jahre mehr Berufserfahrung nach dem Examen haben? Kann ich mit diesem Abschluss überhaupt etwas anfangen?

Ich möchte lernen. Ich möchte meine Möglichkeiten erweitern und vielleicht zur Hebammenforschung beitragen. Ich bin noch jung und möchte die Chancen nutzen, die mir zur Verfügung stehen.

Ich bin gespannt auf die Entwicklung hier in Deutschland und froh ein Teil davon zu sein.

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