Sonntag, 14. März 2010

Arbeitsmoral

Die Ausbildung zur Hebamme ist aufgeteilt in Theorie- und Praxisblöcke, in dem Verhältnis 1:2. Die Praxis leisten wir sinnigerweise hauptsächlich im Kreißsaal und auf der Wöchnerinnenstation ab, wäre da nicht die Ausbildungs- und Prüfungsverordnung, die Einsätze in Kinderklinik, OP und auf Pflegestationen vorsieht. Letzteres umfasst insgesamt 320 Stunden, von denen ich bis Ostern noch ewig erscheinende 160 auf einer Diabetes-Station abzuleisten habe. Diabetes an sich ist ja spannend und auch für meinen Beruf durchaus wichtig. Dennoch begleite ich lieber stundenlang eine Geburt, massiere den Rücken und gebe Stillhilfe, als den ganzen Tag XXL-Windeln, entschuldigt: Schutzhosen zu wechseln, Nachtstühle abzuwaschen und schwere Patienten zu lagern. Und das bei hauptsächlich alkoholkranken Patienten (Deren Aufkommen im Moment laut Stationsleitung außergewöhnlich hoch sein soll).
Ich bin jedes Mal ehrlich erstaunt, wie eine Krankenschwester diese sehr anstrengende Arbeit Tag für Tag ausführen kann und ziehe meinen Hut. Ich bin unfassbar ungeeignet für diesen Beruf. Wirklich!

Und überhaupt, wo ist denn bloß meine Motivation? Eigentlich ist es großartig, dass ich als Schülerin so viel Zeit habe mich mit den alten Menschen zu unterhalten, Geschichten aus vergangener Zeit zu hören, Menschen menschlich sein zu lassen und vor allem ganz viel über den Körper im Verlauf des Lebens zu lernen. Dennoch fällt mir der Gedanke an morgen sehr schwer. Werde ich es schaffen, mein Gesicht nicht zu verziehen, wenn mich etwas ekelt? Immer wieder die selben Geschichten der dementen Dame anhören und dabei lächeln damit sie sich freut, obwohl sie so undeutlich spricht, dass ich sie kaum verstehen kann?



Hevianna.